Unterhaltsame
Begegnungen mit Goethes Lotte
14.08.2003
Von Susan Abbe Tel.: (0 64 41) 95 96 97 E-Mail:
lokalredaktion.wnz@mail.mittelhessen.de
Wetzlar. "Ein wünschenswertes
Frauenzimmer" nannte Goethe in seinen Erinnerungen die im Jahre 1753
geborene Charlotte Buff. In seinem Roman "Leiden des jungen
Werthers" hat der Dichter die Wetzlarerin, die so großen Eindruck
bei ihm hinterließ, weltbekannt und unsterblich gemacht. 250 Jahre
alt wäre Charlotte Buff in diesem Jahr geworden, auch ihr 175.
Todestag fällt in das Jahr 2003. Grund genug für die
Tourist-Information der Stadt Wetzlar, dem wünschenswerten
Frauenzimmer die diesjährige "Erlebnis Statt Führung" zu widmen. Ab
heute wird an insgesamt sieben Tagen mit je fünf Führungen die
Geschichte der Charlotte Buff in den Straßen der Wetzlarer Altstadt
lebendig.
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Familienrat am Domplatz (v.l.): Die
14-jährige Charlotte Buff (Carolin Kling), Mutter Magdalena
Buff (Susanne Hertstein), Vater Heinrich Buff (Hermann Eucker)
und die 17-jährige Schwester Karoline Buff (Antje Reinhardt)
diskutieren die Zukunft Charlottes.(Foto: Abbe) |
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Ein bisschen konnten die
Wetzlarer allerdings schon am Dienstagabend zum ersten Mal die Luft
des 18. und frühen 19. Jahrhunderts schnuppern. Denn Oliver
Meyer-Ellendt, Regisseur des Stücks, hatte seine 34 Darsteller,
darunter 14 Kinder, sowie die etwa 30 Helfer hinter den Kulissen zur
Generalprobe bestellt.
Und so lud Amtmann Heinrich Buff
(Hermann Eucker) liebenswert-poltrig - "Hat es vielleicht Gulden
geschissen, dass ihr alle hier rumsteht!" - das Publikum am Domplatz
ein, sich seine 14-jährige Tochter Charlotte doch gleich mal
anzuschauen.
In das Jahr 1768 entführten die Darsteller ihre
Zuschauer in der ersten Szene auf einem mit viel Liebe zum Detail am
Domplatz gestalteten Fischmarkt. Zu wechselnden Schauplätzen und
unterschiedlichen Stationen aus dem Leben der Charlotte Buff
geleiteten die Darsteller in knapp zwei Stunden ihr Publikum.
Bei amüsanter Plauderei und darstellendem Spiel erlebten die
Zuschauer die Geschichte der Charlotte. Die sich ankündigende
Verlobung mit Archivregistrator Johann Christian Kestner (Matthias
Spahn) fand dabei ebenso Platz wie die in den "Werther" eingegangene
erste Begegnung Goethes (Frank Becker) mit der Brot schneidenden
Lotte am Deutschordenshof (Lottehof) im Jahre 1772.
Kaum
hatte die 19-jährige Lotte (Anne Uebach) den jugendlich-stürmischen
Goethe abgewiesen, traf das Publikum in der Engelsgasse des Jahres
1774 Charlottes Ehemann, Archivregistrator Johann Christian Kestner
- gleichzeitig steif, ganz Amtsperson, und doch liebenswert in
seinem verzweifelten Versuch, die Welt über die "Unkorrektheiten" in
Goethes "Werther" in Kenntnis zu setzen.
Ein hoffnungsloses
Unterfangen - wie schließlich auch noch die 67-jährige Charlotte
(Ursula Groh) im Jahr 1820 im Avemannschen Haus, dem heutigen
Reichskammergerichtsmuseum, feststellen musste. Und doch kam auch
die zurückblickende Lotte nicht umhin, ein ganz kleines bisschen dem
Zauber dieser "einfachen Geschichte", wie sie die Liebe der beiden
Männer zu Lotte beschrieb, gemeinsam mit dem Publikum zu erliegen.
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