Die Zuschauer waren begeistert von den „Erlebnis STATT
Führungen" durch das historische Wetzlar
Lebendige Zeitreise mit „Puder und Perücke"
Von H. Pöllmitz, Tel.: 06441/959697, E-Mail: lokalredaktion.wnz@mail.mittelhessen.de
Wetzlar (Lahn-Dill-Kreis). Zehn ausverkaufte Stadtführungen und
durchweg begeisterte und hochzufriedene Gäste – einen schöneren Lohn
hätte es für die Schauspieler und Organisatoren des jüngsten Kindes
der Wetzlarer Tourist-Information nicht geben können: Mit „Puder und
Perücke" war das Motto eines äußerst lebendigen Ausfluges in die
Wetzlarer Stadtgeschichte – amüsanter Geschichtsunterricht.
„Erlebnis STATT Führung" – dieses Wortspiel als Arbeitstitel
fasste zusammen, um was es bei dieser genialen Idee ging: Historie
zum anfassen, die das Leben im Wetzlar des 18. Jahrhunderts „gar
trefflich" skizziert, wie es der „Herr Rat Goethe" sicher
ausgedrückt hätte. Um ihn, die Lebensumstände der Menschen in der
damaligen Zeit, die Verlegung des Reichskammergerichts in die völlig
verarmte Stadt, die großen gesellschaftlichen Unterschiede und all
die neuen Aspekte und Wandlungen, die es mit sich brachte: Darum
ging es in den Spielszenen an verschiedenen authentischen Orten, die
man im Rahmen einer Stadtführung erreichte.
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Katharina (Maria Hülsmann,
links) und Maria (Gerlinde Hildebrandt) mit dem kaiserlichen
Boten (Alfred Winkler). |
Vom Domplatz starteten die Gruppen am Freitag- und Samstagabend
im Halbstundentakt und Oberbürgermeister Wolfram Dette begrüßte die
Gäste zur ersten Führung mit Ilse Hasselbach-Hechler, die er selbst
fasziniert verfolgte. Dette dankte allen, die zum Gelingen dieser
einzigartigen historischen Führungen beitrugen, von Autor Oliver
Meyer-Ellendt über die Stadtführerinnen, die fachlichen Berater und
die vielen helfenden Hände, die für Kostüme, Masken und Frisuren
sorgten. Hauptakteure waren 33 Schauspielerinnen und -spieler, die
mit erstaunlichem Talent die Figuren zum Leben erweckten.
Der Zeitsprung klappte bestens: Das Hufgeklapper auf dem
altehrwürdigen Kopfsteinpflaster, mit dem zu Beginn der kaiserliche
Bote auf den Domplatz ritt, weckte Erinnerung an die Zeit, in der es
noch keine Benzinkutschen gab, die bisweilen die Ausführungen ein
wenig störten.
Der Bote brachte die Nachricht der Verlegung des
Reichskammergerichts nach Wetzlar, wenngleich dies bei den
„hochwohlgeborenen Herrschaften", die dadurch in dieses „elende
Nest" verschlagen wurden, nicht auf große Gegenliebe stieß. Über den
Domplatz ging es weiter zum Dombrunnen, wo eine Szene vor der
früheren Gastwirtschaft „Zum Kronprinzen" nachgestellt wurde.
Legationssekretär Friedrich Wilhelm Grotter, der dort seine
heimliche „Ritterrunde" abhielt, und der Wirt stellen Wetzlar völlig
gegensätzlich dar. Der eine das dreckige Nest, der andere die schöne
idyllische Lage - es kam so recht zur Geltung, wie abgrundtief die
damaligen Standesunterschiede waren.
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Legationsrat Friedrich Wilhelm
Grotte erwartet die Zuschauer vor dem ehemaligen „Kronprinzen"
am Brunnen auf dem Domplatz. (Fotos:
Pöllmitz) |
Durch die Pfaffengasse ging es weiter zum Lottehaus, wo man die
Bekanntschaft mit der Buffschen Familie machte, besucht von Assessor
Dr. Wolfgang Goethe. So ging es weiter zum Kornmarkt, wo die
Hofrätin Lange die Gruppen erwartete. Danach zum Palais (Papius), wo
der Fall des schändlichen Papius die Gemüter erhitzte und
schlussendlich zum Fischmarkt, wo Dr. Eysenbarth seine Patienten
kurierte.
Ein herrliches Erlebnis auch deshalb, weil immer wieder auch das
Publikum mit eingebunden wurde und zwischendurch auf dem Weg zu den
einzelnen Schauplätzen die Wetzlarer Stadtgeschichte erläutert
wurde. |